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Heute noch wird in Italien und vor allem in Südfrankreich mit Kugeln aus Metall, oder Holz gespielt, wobei die „Boules“ mit unterschiedlichsten Anlaufvarianten geworfen werden. So spielte auch Jules Le Noir in La Ciotat, einem kleinen Städtchen an der Côte d’Azur anfangs des letzten Jahrhunderts mit seinen Freunden, bis ein Rheumaleiden ihn an den Rollstuhl fesselte und ihm seine liebste Freizeitbeschäftigung zu rauben schien.

Um ihn nicht auszuschließen, änderten seine Spielkameraden 1907 kurzerhand die hergebrachten Regeln. Von jetzt an spielten sie aus einem kleinen Kreis, in dem man mit geschlossenen Füßen (provençalisch ped tanco, franz. pieds tanqués) stehen musste, und die Wurfdistanz wurde auf 6 bis 10 Meter reduziert. So war ihr Freund nicht mehr ausgeschlossen, weil, wenn er an die Reihe kam, sein Rollstuhl dann einfach in den Kreis geschoben wurde.

Beide Begriffe, der provençalische und der französische, verschmolzen zum Namen Pétanque und das Spiel, das aus der Not des Jules geboren worden war, wuchs schnell zu einem Synonym für das Spiel mit den Kugeln – Jeu de boules.

In Frankreich bekam Pétanque 1945 offiziellen Charakter mit der Verbandsgründung des „Jeu provençal“. Das Freizeitvergnügen Boule entwickelte sich jetzt rasch zum wettkampfmäßig betriebenen Sport Pétanque, mit leistungsorientierten Ligen, Meisterschaften und Geldpreisausschüttungen. Beim alljährlich stattfindenden größten Pétanque-Turnier der Welt, der „Marseillaise“, nehmen tausende Mannschaften teil, und das öffentliche Interesse in Frankreich an diesem Sportereignis ist gewaltig. Wie beim Vasa-Lauf in Schweden, wo das Teilnehmerfeld ebenfalls riesig ist, wird der Sieg aber nur unter den Vollprofis ausgefochten.

Eine Trennung zwischen Amateuren und Berufsspielern, wie sonst im Sport üblich, hat es beim Pétanque noch nie gegeben. Ähnlich wie in deutschen Wirtshäusern um Geld, aber trotzdem zum Vergnügen, Skat oder Schafkopf gespielt wird, geht es in Frankreich beim Boule zumindest um den „ballon“ Rotwein oder den Pastis im Café neben der Spielbahn. Unterhält man sich mit Spielern in der Provence, so hört man nicht selten, dass ihre Väter, um einen Sonntagsbraten für die Familie finanzieren zu können, vorher ein kleines Bouleturnier gewinnen mussten.

Seit 1964 werden Weltmeisterschaften ausgetragen und die Aufnahme ins olympische Programm wird angestrebt. Die Zahl nationaler Verbände, die sich der Federation internationale de Petanque et Jeu provencal (FIPJP) anschließen wächst ständig. Ob auf Madagaskar, in Thailand, Singapur, den USA, Skandinavien, Japan, Israel, Nordafrika, Deutschland oder der Elfenbeinküste, überall kann man bereits das mittlerweile vertraute „Klacken“ der Kugeln hören.